Ellipse: Prall und Proll
     

 

             Triste Tränen

Jede Musicalclownnummer
hilft bei Trübsal, wirkt bei Kummer.
Nicht so hier bei dieser Gala
heut im Zirkus
BALLA BALLA
Schon ihr Auftritt ist zum Gähnen,
der des Trios TRISTE TRÄNEN.

Müde, deprimiert, apathisch,
schleicht Clown Rudi, klein, quadratisch,
in den Staub, in die Arena,
denkt dabei an Magdalena,
die aus Jena.
Dieses Weibsbild bringt den Kleinen
nämlich pausenlos zum Weinen.

Watschelnd wie die lahme Ente
schleppt Clown Pit die Instrumente,
ist frustriert, will alles machen,
alles, alles, nur nicht lachen,
Pit, der jeden Gag versaute,
weil er nah am Wasser baute;
musst ihn nur beim Namen nennen,
prompt fängt Pitter an zu flennen.

Doch beim Schlimmsten von den Dreien
hilft kein Arzt, nicht Arzeneien.
Ständig und vor allen Dingen,
selbst beim Singen,
muss er um die Fassung ringen,
nennt sich gerne Papa Razzo,
mimt im Trio den Bajazzo.

     Abseits steht der Pausenclown,
     mag kaum seinen Augen traun

Dieses weinerliche Trio
ohne Saft und Kraft und Brio
hat nun wirklich nichts zu bieten
- drei mal Clown, doch drei mal Nieten -,
hat jedoch, noch kaum begonnen,
jeden schon für sich gewonnen,
denn sie rühren unsereinen
durch ihr herzzerreißend Weinen.

Keine Tricks mit Bällen, Keulen!
Nichts als Heulen, Heulen, Heulen!
Wortlos sitzen sie und weinen,
flennen, schluchzen, jammern, greinen,
fallen sich auch in die Arme,
dass sich ihrer Gott erbarme.
Tränen fließen literweise.
Still und leise
bestenfalls mal ausnahmsweise!
Markerschütternd meist das Heulen!
Jedes Trommelfell kriegt Beulen.

     Abseits steht der Pausenclown,
     mag kaum seinen Augen traun

Im Parkett und auf den Rängen,
wo sich die Besucher drängen
hinterlässt das seine Spuren
selbst bei ganz gefühllos Sturen.
Keiner kann sich dem entziehen
und der Traurigkeit entfliehen:
Erst macht all dies nur verlegen,
keiner weiß, wieso, weswegen.
Keiner weiß, was anzufangen
mit den tränenfeuchten Wangen.

Erst noch köstlich amüsierend,
greift es um sich, enervierend,
infizierend,
wie die allerschlimmste Seuche,
packt es hier und da die Leute
wie ein Raubtier seine Beute:
Erst ein Stöhnen, dann Gekeuche,
als sich Traurigkeit verbreitet,
die das feuchte Auge weitet
für den breiten Strom der Zehren;
wer kann da sich denn noch wehren?
Leises Wimmern, lautes Röhren,
Klagen, kaum zu überhören,
schrilles Kreischen auf den Rängen,
in den Reihen, in den Gängen.
Alle, die man eben juchzen,
lauthals lachen
hörte, sieht man nunmehr schluchzen.
Keiner will mehr an sich halten,
nicht die Jungen, nicht die Alten,
Dünne weinen mit den Dicken,
Joviale mit den Zicken,
ganze Cliquen
schwimmen in den eigenen Tränen
sprudelnd wie aus Wasserhähnen.
Mama schluchzt und auch die Kinder,
Oma, Opa, Dad nicht minder,
keiner dem nicht Tränen quellen!
Wer will sich entgegenstellen
solchen Strömen, solchen Fluten?
Nicht die Bösen, nicht die Guten!

     Abseits weint der Pausenclown,
     mag kaum seinen Augen traun.

Viele gleichen vielen Irren,
Weltentrückten,
- Augenflackern, Ohrenklirren -,
blicken himmelwärts und knien.
Sind das Massenhysterien?

Kurz vor allgemeiner Panik
wie dereinst auf der Titanic
ist es Zeit für Notmaßnahmen:
Wasser Marsch! Dazu ein Amen!
Notplan A kämpft solch Rumoren
nieder mittels C-Rohr Rohren.

Doch im Zirkus BALLA BALLA
hilft auch schon mal Gott, mal Allah:
Papa Razzo, Rudi, Pitter,
diese Leichenbitterritter,
Leisetritter,
stehen grußlos auf und gehen
weg auf Nimmerwiedersehen.
Als der Schauplatz leer, verlassen,
weiß sich jeder schnell zu fassen.

     Abseits steht der Pausenclown,
     mag kaum seinen Augen traun.

        ᵕ     ̶    ᵕ     ̶    ᵕ     ̶    ᵕ        X