S O S
Schiff-Fahrt deinem Gott zu Ehren,
gilt auf allen Weltenmeeren,
darin kannst du dich verzehren.
Doch auch Schlimmes kann passieren,
falls mal Schiffe havarieren:
Einer von zwei Kohlefrachtern
buddelt ab steil über achtern.
Hinten ist er leck geschlagen,
läuft voll Wasser bis zum Kragen,
richtet auf den Bug zum Himmel
wie der Obermaat den Pimmel,
sieht er seine Freundin Elke,
die bereits schon etwas welke.
Der ist fix von Bord gesprungen
wie befohlen, ausbedungen
von dem Käptn Lütjeborgen,
denn der macht sich ständig Sorgen
um das Schiff und um die Seinen.
Ständig wacker auf den Beinen
brüllt im Sturm er laut Befehle
aus der niemals trockenen Kehle,
tiefster Bass seit Jugendjahren
als er jung und unerfahren,
singend noch in Chantychören
in dem tiefsten Ton zu hören
war und, wie an Land man munkelt,
diesen immer noch verdunkelt.
Schwarzes Timbre! Wird nie schwächer,
tosen rechts und links auch Brecher.
Er verlässt das Schiff als letzter,
jeder Zoll ein Vorgesetzter.
Dann so etwa nach zwei Stunden
war das Kohlenschiff verschwunden.
Was nun folgt, ist Schwimmen, Warten,
hat man noch so schlechte Karten
für den Glücksfal, das Entrinnen,
doch im tiefsten Innern drinnen,
weiß man sicherlich zu schätzen,
dass die ganzen Kleiderfetzen
trotz der Last und trotz Beschwerden
nirgendwie noch nasser werden.
Auch als Vorteil unbestreitbar
ist, da Notdurft unvermeidbar,
dass, wie jetzt die Dinge stehen,
es kein Kommen und kein Gehen
gibt am ach so stillen Örtchen.
Jeder öffnet flugs sein Pförtchen,
lässt sie strömen, seine Schleusen
wie dereinst am Deich die Geusen,
Für die Lahmen wie die Flinken
droht der Tod zwar durch Ertrinken,
doch hier wird es niemals stinken
wie zu hause auf dem Lokus
nach gehabtem Scheißhausjokus.
Mag man sich auch miese fühlen,
trotzdem muss hier niemand spülen.
Wie man sieht, es lässt sich leben,
demutsvoll und gottergeben.
Manches lässt sich doch ertragen,
geht es auch um Kopf und Kragen,
das ist - gar nichts für Naive -,
nur ein Fall der Perspektive.
So geht das schon viele Tage,
höchst verzwickt ist hier die Lage,
als der Smutje Jan es wagt
und voll Angst den Käptn fragt
- Ich bin hier doch nur ein Laie,
aber gibt es hier denn Haie?
- - Junge, Junge, du hast Sorgen!,
gibt zur Antwort Lütjeborgen.
Denk an heute, nicht an morgen.
Haie? Klar doch, gibt´s in Mengen,
die hier jeden hart bedrängen.
Dessen bin seit zehn Minuten
ich mir sicher. Sieh mich bluten.
Ich Bassist, das ist das Schlimme,
hab jetzt eine Fistelstimme,
spiele nun, falls ich nicht schweige,
im Sopran die erste Geige.
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