Ellipse: Prall und Proll
     

 

              Quintessenz

An dem Krankenbett von Klaus
sitzt sie, spürt, bald ist es aus,
Britt, sein treues Eheweib
mit dem zentnerschweren Leib.

Manche harte Eheschlacht
haben beide durchgemacht.
Keiner hat sich je geschont,
jeder meinte, dass sich´s lohnt,
Recht zu haben überall,
immer und in jedem Fall.

Jetzt doch ist der Streit vorbei;
Kläuschen ist es einerlei,
dass er Britt den Spaß verdirbt,
denn er weiß, dass er bald stirbt;
sanft nun streichelt er die Hand,
die er zärtlich suchend fand.

Hinter ihm ein Engel wacht,
der allmählich dunkle Nacht
über dessen Seele senkt,
die sich grad an Britt verschenkt:

Britt, du warst mein Augenstern,
niemals warst du je mir fern,
immer konnt´ ich sicher sein,
du lässt Kläuschen nicht allein.

Als ich unser Geld verlor
spekulierend wie ein Tor,
standest weiter du zu mir,
sagtest: Paul, das packen wir.

Als das Haus in Flammen stand,
nahmst du mich bei deiner Hand,
sagtest: Paul, wir sind jetzt arm,
aber dafür ist uns warm.

Selbst beim Tod von unsrem Hund,
der war nie so recht gesund,
warst du tröstend für mich da;
keiner war wie du mir nah.

Weißt du noch, wie man dich rief,
als ich tief im Koma schlief;
du nahmst mich in deinen Arm,
küsstest mich und mir war warm.

Als mein Freund mich arg betrog
und es abstritt, eisern log,
standest du nur für mich ein;
so wie du konnt keine sein.

Auch bei meinem Ehebruch
hört´ ich keinen Widerspruch,
sondern nur: Mein Freund, nun zahl
Alimente pro Quartal!

Damals bracht´ mein Seitensprung
dir nichts an Verbitterung;
Ich war zwar die geile Sau,
du bliebst trotzdem meine Frau.

Als das fehlgezeugte Kind,
so wie manche Kinder sind,
nichts mehr von mir wissen wollt´,
schon mit zwölf ein Trunkenbold,
war für dich, mein Herz, mein Schatz,
neben mir dein liebster Platz.

Jetzt nun, Britt, zu guter letzt,
da mir Gott ein Ende setzt,
liegt mir eines noch am Herz,
dir zu sagen frei von Scherz……

Ja, Geliebter,
flüstert Britt,
wenn ich könnte, käm ich mit
dorthin, wo du hin bald reist,
in den Himmel, wie es heißt.

Doch nun sag mir bitte klar,
was hier noch zu sagen war;
ich empfinde das als Trost,
wenn dein Wort mich noch liebkost.

Mit dem letzten Atem fast
haucht ihr Paul ganz ohne Hast:
Jetzt in meiner größten Not,
vor mir steht Gevatter Tod,
sind wir wieder ein Gespann,
du mein Weib und ich dein Mann.
Daraus folgt als Quintessenz,
du mit deiner Permanenz
deiner Gegenwart, Präsenz,
schließ ich hier mal dreist und frech,
bringst mir jetzt wie sonst nur Pech.


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