Namenlos

Nach so vielen Ehejahren,
die nicht immer friedvoll waren,
hat sich Uwe wohl besonnen
und voll Zärtlichkeit begonnen,
seine Holde anzureden
wie nicht jede oder jeden:

Schatz, Geliebte, meine Wonne,
Morgenstern und Abendsonne,
Täubchen, Liebling, süßes Mäuschen,
bringst mich völlig aus dem Häuschen,
du mein Ein und du mein Alles,
auch sogar im Fall des Falles
Bettschatz oder zartes Luder
fehlt selbst Schminke, Rouge und Puder.

So klingt das zu allen Zeiten.
Hört sich das nun an wie streiten?

Als ein Freund mal wissen wollte,
was denn das bedeuten sollte,
solche Zärt- und Sinnlichkeiten
seiner Gattin zu bereiten,
sagte Uwe unumwunden:

Diesen Trick hab ich erfunden,
um ihr nicht das Herz zu brechen
und sie weiter anzusprechen,
denn ich habe ihren Namen,
als wir aus der Kirche kamen
etwa so vor drei, vier Wochen
seelisch stark und ungebrochen
wartend auf das Mittagessen
unversehens glatt vergessen.