Ellipse: Prall und Proll
     

 

     Nachtzug nach Nirgendwo

Als Claus Christoph voll betrunken
nächtens tief im Suff versunken,
heimwärts wankt sich oftmals duckend,
dabei in den Rinnstein spuckend,
trifft er kurz noch vor der Schranke,
die geschlossen, Gott zum Danke,
seinen alten Kumpel Heiner.

Heiner das ist auch so einer,
der so saufen kann wie keiner.

Als die Schranke wieder offen,
biegen beide sturzbesoffen
rechts ab, rechts in rechten Winkeln
- Plural „Winkeln“ muss schon seien,
schließlich sind sie ja zu zweien -,
also ab in rechten Winkeln,
um dann dort entspannt zu pinkeln.

Ohne Druck nach den Geschäften
sieht man, wie mit neuen Kräften
sich die beiden westwärts trollen,
dort wo sonst die Räder rollen,
grölend die obszönsten Weisen
gradeaus entlang den Gleisen,
ungeniert - man ist besoffen -
stehenen auch die Hosen offen.

Parallel an drei vier Schranken,
müssen sie vorüberwanken
strebend in die nahe Ferne
in dem matten Licht der Sterne
Richtung Bahnhof wie auf Reisen,
immer zwischen beiden Gleisen.

Schwelle folgt dort gleich auf Schwelle,
so kommt jeder von der Stelle,
langsam, Schritt für Schritt, bedächtig,
wenn auch nicht der Sinne mächtig,
typisch für solch Trunkenbolde.

Längst schon wartet Heiners Holde,
Nudelholz quer auf den Knien,
will ihm ein, zwei überziehen.

Claus dagegen, der kann lachen!
Wie soll jemand Szenen machen,
der bereits schon längst vor Jahren
in die Grube eingefahren?

Rollend auf dem Nebengleise
überholt sie still und leise
THOR in Richtung Kopenhagen,
Nachtexpress mit Speisewagen.

Als die beiden letztren sehen
mehr im Liegen als im Stehen,
da kommt Stimmung in die Runde,
beide wie aus einem Munde
ordern noch so drei, vier Gläschen,
all zu trocken sei ihr Bläschen.

Weil der Nachtzug dann entschwindet,
was Claus Christoph kaum verwindet,
ohne jene blonden Bierchenen,
Gottesgaben für die Nierchen,
Claus und Heiner zu servieren,
die vor Durst schon fast krepieren,
schlägt die Stimmung um in Richtung
Endzeit, Chaos und Vernichtung.

Schon nach achtzig weitren Schwellen,
denkt man nicht mehr ans Bestellen.
Claus hängt völlig in den Seilen,
klagt und jammert gar bisweilen:
Teufel auch, mir schmerzt die Lende!
Geht die Treppe je zu Ende?
Und mir klappern auch die Hufe
hier auf jeder platten Stufe.


Heiner macht viel mehr Beschwerde,
dass der Handlauf auf der Erde
liegt, was für den Rücken
gar nicht gut, man muss sich bücken.

Morgens findet man die beiden,
die an nichts, an nichts mehr leiden,
denn sie liegen platt wie Flundern,
- ging´s noch platter, wär´s zum Wundern -
in der endlos langen Enge
zweier kalter Schienenstränge,
wo sie schlummern, schnarchen, träumen.
von zwölf Bierchen, wie die schäumen,
während Güterzüge rollen
über die so hackevollen.

Schlaft nur weiter auf den Schwellen
in den Tag hinein, den hellen!
Jeder nur den Rat beherrsche:
Hebt mir nicht im Schlaf die Ärsche!

        ᵕ     ̶    ᵕ     ̶    ᵕ     ̶    ᵕ             X