Grundätzliches zum  Thema Witz, Humor, Karikatur, Satire usw.

 

Weit entfernt davon, hier eine Abhandlung über Witz, Komik und Humor schreiben zu wollen, ist es mir dennoch wichtig, einige grundsätzliche Gedanken in gebotener Kürze zu dem Komplex vorzustellen, da sie leider nicht immer beachtet werden.

Zunächst einmal weise  ich darauf hin, dass ich hier nun nicht immer wieder in die lange Aufzählung "Witz, Satire, Humor, Komik,....ecc." verfallen möchte. Ich fasse daher all dieses unter dem Schlagwort "Witz" zusammen. Ich meine nämlich, dass alles, was hier gesagt werden soll, für das eine ebenso wie für das andere gilt, auch wenn von einem bestimmten Punkt an bei gründlicher Betrachtung die einzelnen Teilaspekte gesondert durchgenommen werden müssten.

Die Hauptfrage ist die, ob man überhaupt Witze machen oder erzählen darf. Meine Antwort lautet: Man darf! Manchmal muss man sogar!

Beim ersten Hinschauen könnte man jedem Erzähler eines Witzes doch wohl in den meisten Fällen sagen "Halt den Mund! Du beleidigst diesen oder jenen!"

Damit ist man bereits bei einem der Kernprobleme des Witzes angekommen: Cicero, der neben anderen Klassikern der Antike, ein bedeutender Theoretiker des Witzes war, sagt in einer seiner Abhandlungen über den Witz. "ridere est deridere - Lachen heißt Auslachen". Ein anderer, der über das Thema reflektiert hat, George Tabori, meint, in jedem Witz stecke eine Katastrophe. Ich selber habe mir angewöhnt, diese alte Erkenntnis so zu formulieren: Bei jedem Witz gibt es ein Opfer. Irgendjemand wird immer beleidigt, in die falsche Ecke gestellt, mit Pauschalurteilen überschüttet, diffamiert - eben der Lächerlichkeit preisgegeben, Im Prinzip müsste man sich bei jedem Witz bei jemandem entschuldigen, bei den Frauen, bei den Männern, bei den Blondinen, bei den Friesen, bei den "faulen" Beamten, bei den "dummen" Polizisten bei.., bei..., bei....

Diese Sorge ist aber leicht zu nehmen, wenn einem klar ist, dass es bei Witze so gut wie nie um einzelne ganz konkrete Personen geht, sondern immer nur um Typen, die in Witzen aufs Korn genommen werden. Wenn aber so getan wird, als spreche man ganz bestimmte Personen an, dann sind die nicht als Person sondern als Vertreter eines Typus angesprochen. Niemand muss sich also persönlich getroffen oder beleidigt fühlen.

Selbstverständlich ist jedoch, dass man auf Grund geschichtlicher Erfahrung oder doch zu plump oder zu dick aufgetragener Weltsicht, bestimmte Witze oder auch ganze Kategorien aus dem eigenen Repertoire ausklammern sollte. Das Gros allerdings ist unter den hier noch zu nenndenden Gesichtspunkten harmlos oder sprachlich zu ertragen, wenn man es an dem misst, was man so bei inzwischen sehr liberal gehandhabtem Sprachgebrauch nicht nur auf der Straße sondern auch in den Medien aller Art zu hören oder zu lesen bekommt.

Die einzige Alternative, um sich nicht ständig bald hier bald da entschuldigen zu müssen, wäre, ganz auf Witze und all das andere zu verzichten. - Das geht aber auch nicht, denn der Witz ist etwas so Menschliches, dass man nicht einfach darauf verzichten kann. Witze werden wahrscheinlich schon seit Anbeginn der Menschheit erzählt oder erfunden. Der Witz ist sicher eine der allermenschlichsten Eigenschaften, die geradezu den Menschen mit ausmacht. Nur ein Mensch kann witzig sein, kann lachen. Ein Tier kann sich freuen, ein Tier kann zärtlich sein, kann anhänglich sein und vieles mehr, aber witzig sein kann nur ein Mensch. Schon aus diesem Grund ist Witz für den Menschen unverzichtbar.

Außerdem gebe ich zu bedenken, dass der Witz auch ein wunderbares sprachliches Transportmittel ist, ein Instrument, mit dem man Dinge sagen kann, die sich anders nicht sagen lassen, mit denen man in gewisser Überzeichnung anderen die Augen öffnen kann, Dinge anders zu sehen als vorher. Ich will jetzt nicht so weit gehen, dass ich behaupte, der Witz habe auch immer eine pädagogische Funktion. Man frage aber mal einen Kabarettisten. Verkommt der nicht zum reinen Blödelhansel, wenn er ganz den Anspruch auf irgendeine Erziehung aufgibt? "Ridens dicere verum - Unter Lachen die Wahrheit zu sagen", das war auch so eine Erkenntnis, die bereits die Römer so formuliert haben.

Als letztes führe ich hier bei meiner kurzen Betrachtung an, dass der Witz, besonders der politische Witz, insbesondere dann, wenn er von den Machthabern nicht gern gesehen und verfolgt wird, ein Mittel sein kann, um das Unerträgliche zu bewältigen, das Unsagbare doch zu sagen, sich auseinanderzusetzen mit dem, wovor man sich scheut, sich dessen anzunehmen. Paradebeispiel waren die Witze und Karikaturen, die nach ein, zwei Tagen bereits zu kursieren begannen, nachdem die TwinTowers in New York zum Ground Zero "umgestaltet" worden waren. Hinter diesen Exemplaren steckte mit Sicherheit der Versuch, mit dem Unfassbaren umzugehen, es auch so zum Objekt der Betrachtung zu machen, es so etwas von sich wegzurücken, um nicht von dem Leid überrollt zu werden, das dort den Menschen angetan worden ist.

In der Hoffnung, dass ich nun dieses so ernste Thema "Witz" nicht zu sehr problematisiert habe und so dem Besucher den Spass an der Freude genommen habe, wünsche ich doch allen Lesern dieser meiner grundsätzlichen Bemerkungen zur Sache, die mir zu bedenken wichtig ist, viel Spaß bei der Lektüre von manchem bereits Bekanntem, dem ich aber auf meine Weise und mit meinen Mitteln ein neues Gewand zu geben versucht habe.

Dr. Eckart Kuppe