Der hohe Dom
Ein Tourist, ein interessierter,
offenbar ein kunstversierter
schaut bewundernd eben grade
auf die hohe Prachtfassade
unsrer alten Kathedrale,
die tagtäglich viele Male
Christen lockt, jedoch auch Heiden,
sich an ihrer Pracht zu weiden.
Alles weist direkt nach oben,
um den großen Gott zu loben,
seine Allmacht uns zu künden
zur Vergebung unsrer Sünden.
Kunstvoll stehen in Stein gehauen
Engel, die nach oben schauen,
die den Herrn verzückt laut preisen,
wohl in Gregors sanften Weisen.
Siebentausend Jungfrauen treten
vor den Schöpfer hin und beten.
Zwölf Apostel offenbaren,
was der Menschheit widerfahren.
Und die vielen unbekannten,
hier beim Namen nicht genannten
Heiligen stehen kerzengrade,
bilden eine Prachtparade
nur zum Schmuck der Domfassade.
Ganz zu oberst auf dem Thron
sitzt Maria mit dem Sohn.
Der Tourist scheint vor Entzücken
ganz der Welt hier zu entrücken.
Zwar ergriffen, fast in Trance
fragt er doch mit Contenance
irgendwen der Autochthonen,
die vermutlich ringsum wohnen,
wer die zwei Figuren seien,
die so wie zum Wasserspeien
fast am Rand des Daches stünden
betend für der Menschheit Sünden.
Der Passant kann Auskunft geben,
ohne nur den Kopf zu heben,
um doch kurz mal nachzusehen,
ob die zwei da wirklich stehen:
Wenn die sich um zwölf bewegen,
Leben zeigen und sich regen,
sich am Dachfirst niederlassen,
um ein Kotelett zu verprassen,
sind die beiden nicht aus Stein,
müssen dann zwei Maurer sein.
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