Ellipse: Prall und Proll
     

 

           Autofriedhof

- Angeklagter, Autoklau
gibt es wirklich nicht für lau.
Autodiebstahl kostet was,
da versteh ich keinen Spaß.

Also nun mal ganz präzis´,
wenn Sie lügen werd´ ich fies:
Wie geschah die Missetat?
Sie sind still, Herr Advokat!

- - Wissen Sie, Herr Richter, wo
Sie und ich ja sowieso
eines Tages schließlich sind,
leider schneller als geschwind?

- Raus damit in aller Ruh´,
ich hör´ gerne auch mal zu.

- - Sehen Sie, wie alles passt,
denn am Tatort sind wir fast
mit dem Stichwort angelangt,
als Sie Ruh´ von mir verlangt.

Wo denn werden wir wohl sein,
Sie und ich, ich armes Schwein?
Machen wir die Augen zu,
geht es stracks zur letzten Ruh
auf den Friedhof in ein Grab.
Gott, er nimmt, was er einst gab.

- Angeklagter, was soll das?
Geht es hier um Jux und Spaß?

- - Nein, da sei der Herr davor!
Doch vor einem Friedhofstor
stand der rote PKW,
tat mir in der Seele weh.

- Was soll das, Herrjemine?
Ihrer Seele tat was weh?

- - Ich erklär es Ihnen gleich,
Einsicht macht als Mensch Sie reich.
Außer Trauer, außer Schmerz
was fühlt sonst ein schweres Herz,
wenn man so spazieren geht,
plötzlich vor `nem Friedhof steht?

- Keine Ahnung, tut mir leid,
Himmel, Arsch, vermaledeit!

- - Wieder passt das wie noch nie,
wieder sind es grade Sie,
der hier uns das Stichwort gibt.
Tut mir leid! war´s, wenn´s beliebt.

"Leid" war nämlich mein Motiv.
Sehen Sie das positiv!
Um hier ganz genau zu sein,
über mich brach Mitleid rein,
Mitleid mit dem PKW,
wie ich da so vor ihm steh,
Chrom und Lack, ein Traum in Rot.

Sicher ist der Halter tot,
dacht´ voll Mitleid ich bei mir.
Stünde er sonst grade hier?

- Angeklagter, schön und gut,
langsam kriege ich die Wut.
Mitleid hin und Mitleid her,
ich versteh´ die Welt nicht mehr.

Wird aus Mitleid jetzt geklaut
und auf Mitleid dann gebaut,
wenn man ihr ins Auge schaut,
unsrer Frau Justitia.
Sie ist für uns alle da,
spricht für alle gleiches Recht
auch durch mich, Klaus Erwin Specht.

- - Nur damit Sie recht versteh
en,
Sie hier nennen das Vergeh
en,
was für mich nach Mitleid kommt,
jedem guten Christen frommt.

Sicher ist es Ihnen klar,
was die Konsequenz nun war?

- Nein, Herr Angeklagter, nein!
Ist das hier nicht glatt zum Schrei
en?
All das ist doch lächerlich!
Außerdem was kümmert´s mich?

- - Was Sie sagen klingt nicht schlecht.
Ja, Sie haben rundum Recht.
Wieder kommt aus Ihrem Mund
jenes Wort, das so profund
hier uns passt an diesem Ort,
kümmern ist das Zauberwort.

Ist ein Mensch total allein,
mag er auch ein Auto sein,
dann ist´s wohl des Christen Pflicht,
jedenfalls aus meiner Sicht,
sich zu kümmern um den Fall,
hier so wie auch überall.
Ist er einsam, solch ein Mann,
nimmt man sich doch seiner an.

Gilt bei Autos etwa nicht
gleichfalls diese Christenpflicht?
Autos lässt man nicht allein,
können so sensibel sein.
Sind sie vollgetankt mit Sprit,
nehm´ ich sie aus Mitleid mit.

 

        ᵕ     ̶    ᵕ     ̶    ᵕ     ̶    ᵕ         X